PV-Fassadenelemente und deren Systemkomponenten

Verbesserung der bautechnischen und baurechtlichen Rahmenbedingungen für PV-Fassadenkomponenten

PV-Fassaden-Systeme ermöglichen die energetische Aktivierung der Gebäudehülle im Neubau, vor allem aber auch bei der Sanierung von Gewerbegebäuden oder Altbauten im städtischen Bereich. Insbesondere vorgehängte Kalt- oder Warm-Fassaden bieten optimale Kombinationsmöglichkeit eines qualitativ hochwertigen, flexiblen Fassadensystems mit den multifunktionalen Eigenschaften von PV-Fassadenelementen. Diese müssen höchste Qualitätsanforderungen verschiedener Akteure erfüllen.

Architekten, Investoren, Bauherren, Betreiber, Maschinenbauer, Bauingenieure, Bauunternehmer, Fassadenbauer, Elektrotechniker, Feuerwehr, Monteure, alle stellen unterschiedliche Ansprüche an solche Elemente. Das betrifft gestalterische Möglichkeiten, bautechnische und baurechtliche Anforderungen, Qualität, Langzeitstabilität und Funktionssicherheit des Systems, eine genaue Definition der Schnittstellen, Wartung, Betrieb und Reparatur sowie Garantie- und Gewährleistungen.

Diese Fragestellungen werden im Rahmen des Projekts MUTLIELEMENT II bearbeitet, welches damit die Ergebnisse aus dem Projekt MULTIELEMENT aufgreift und systematisch auf die Anwendung in der Fassade fokussiert.

  • Anforderungen an PV-Fassaden und Komponenten

    Entscheidende Kriterien für die Wahl eines PV-Fassadensystems sind die gestalterische Einbindung in das Gebäudekonzept bei hoher Qualität und Langzeitstabilität der Komponenten sowie ein überzeugendes Sicherheitskonzept, das auch ein geeignetes und praktikables Monitoring-System beinhaltet. Viele Detailfragen bzgl. der baulichen Anforderungen an PV-Fassadenelemente sind noch unklar. Das betrifft nicht nur Fragen zu baurechtlichen Anforderungen, sondern auch bauliche Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen an PV-Fassadenelemente und deren Systemkomponenten.

    Datenbasis für Qualitätsstandards

    Während die Qualitätsanforderungen, die die PV-Industrie bisher entwickelt hat, überwiegend dem Anlagenschutz und der Ertragsoptimierung dienen, müssen bei PV-Fassaden die Auswirkungen von höheren Temperaturen oder höherer Luftfeuchte auf die Betriebssicherheit und Nutzungsdauer der Materialien berücksichtigt werden. Es fehlt bislang an einer ausreichenden Datenbasis, die im Projekt MULTIELEMENT geschaffen werden soll. Projektziel ist es, Qualitätsstandards zu entwickeln, die sich speziell auf den Einsatz von PV-Komponenten in Fassaden beziehen.

  • Geeignete Fassadentypen für unterschiedliche Gebäudesektoren und Anforderungsprofile für PV-Elemente

    Insbesondere Bürogebäude oder Produktionsstätten bieten große Fassadenflächen und viele Gebäude aus den 50er und 60er Jahren sind renovierungsbedürftig. In diesem Geschäftsfeld können geeignete PV-Fassaden- und -Dachelemente ein optimiertes energetisches Sanierungskonzept darstellen. Im Projekt sollen systematisch verschiedene Fassadensysteme auf Ihre Eignung hin untersucht werden und innovative Lösungsansätze für PV-Systeme angestoßen werden.

  • Entwicklung eines vergleichenden, ganzheitliches Bewertungsschemas

    Die Fokussierung auf die Investitionskosten von BIPV-Projekten verstellt den Blick auf die Vielzahl weiterer Bewertungskriterien wie Life-Cycle-Betrachtungen, Oberflächenbehandlung, Schadstoffeinsatz, mögliche Wertsteigerungen, Image uvm.. Die ökonomischen Rahmenbedingungen von BIPV-Anwendungen umfassen auch Einsparungen durch den Ersatz anderer Bauteile oder die Erreichung höherer Effizienzstandards im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Außerdem muss eine Wertsteigerung durch ein modernes Image und bessere Vermietbarkeit der Gebäude berücksichtigt werden.

    Anforderungen an Bewertungsschema

    Ziel ist es, dem Planer ein Hilfsmittel zur ganzheitlichen Bewertung von Fassaden im Hinblick auf den Einsatz multifunktionaler photovoltaischer Bauelemente zur Verfügung zu stellen. Dieses Bewertungsschema soll so ausgestaltet sein, dass es später in eine digitale Planungssoftware übersetzt werden kann. Die relevanten Entscheidungsfaktoren, die bei der Realisierung von Fassadenprojekten berücksichtigt werden sollen, werden ermittelt. Dabei sind Bewertungskriterien zu entwickeln, die eine vergleichende Betrachtung unterschiedlicher Systeme ermöglichen. Darauf aufbauend soll ein Bewertungsschema erarbeitet werden (z. B. darstellbar als Netzdiagramm), das die relevanten Kriterien enthält und bewertet, so dass Fassadensysteme mit und ohne PV ganzheitlich betrachtet und verglichen werden können. Dies soll eine Entscheidungshilfe sein für Bauherren, Investoren, Architekten und Fassadenbauer.

  • Betriebsbedingungen in PV-Fassaden

    Nicht nur die PV-Module müssen an den Anwendungsbereich in der Fassade angepasst werden, sondern auch die komplette Systemtechnik, von der Bypass-Diode, den Energiewandlungseinheiten, der Leitungsführung bis bin zum Monitoring. Viele Materialien müssen höhere Anforderungen erfüllen.

  • Bypassdioden und Anschlussdosen in PV-Fassaden

    Wegen häufiger temporärer Verschattungen wird der Bypassfall in PV-Fassaden häufiger auftreten als in unverschatteten Freiflächenanlagen. Zudem ist die Hinterlüftung von Fassadenelementen nicht mit Freiflächenanlagen zu vergleichen. Höhere Betriebstemperaturen führen zu einer höheren Belastung der Bypassdioden, was sich auf die Ausfallwahrscheinlichkeit der Dioden negativ auswirkt. Schon beim Einsatz in nicht integrierten PV-Systemen wurden in den letzten Jahren vermehrte Diodenausfälle verzeichnet. Bilden die aktuellen Normen (EN 61215, EN 50548) diesen Zustand ausreichend ab? Kommen für BIPV-Anwendungen neue Schutztechniken zum Einsatz? Im Projekt wird untersucht, ob höhere Anforderungen an die Lebensdauer und Temperaturbelastbarkeit gestellt werden müssen.

  • Betriebsdatenerhebung durch Testfassade

    Obwohl es bereits einige PV-Fassaden realisiert wurden, gibt es einen Mangel an  verlässlichen, realistischen Betriebsbedingungen unter denen PV-Fassadenelemente und insbesondere die Systemkomponenten arbeiten müssen. Im Projekt sollen daher Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse am Modul und in Lüftungs- und Leitungskanälen gemessen werden, sowie mechanische Belastungen und Strömungsgeschwindigkeiten. Ziel ist es einerseits Worst-Case-Szenarien aus Maximalwerten von Modul-, Dioden- und  Anschlussdosentemperatur zu bestimmen, andererseits auch die Häufigkeitsverteilung der Betriebszustände zu ermitteln. An einer Testfassade sollen daher PV-Fassadensysteme untersucht werden, die sich für die Sanierung von Büro- und Industriegebäuden eignen.

    Zwei Varianten stehen im Fokus:

    Variante I.

    Geschlossene Fassade vor opaker Wand, mit und ohne Zwischenlüftung über Fugen.

    Diese können bei Industrie- und Gewerbegebäuden, Hallen ohne Fensteröffnungen oder bei Aufzugschächten zur Anwendung kommen. Als besondere Eigenschaften sind hier zu nennen:

    • Durchgehender Kamineffekt zwischen Modulen und Hinterwand (Dämmung)
    • Quer- und Längslüftungswege möglich
    • Lange Aufheizungszeiten
    • Besondere Brandschutzmaßnahmen sind zu beachten.

    Variante II.

    Brüstungsbereich bei Fensterbändern

    Diese Konstruktionen kommen häufig vor sowohl bei Bürogebäuden, als auch bei Wohngebäuden. Sie können als Kalt- oder Warmfassade vorgesehen werden.

    Eigenschaften bei der Ausführung als Kaltfassade:

    • Luftzufuhr unterhalb der Module, Luftabfuhr oberhalb der Module
    • Höhenlage im Gebäude hat einen Einfluss auf die Hinterlüftung

    Eigenschaften bei der Ausführung als Warmfassade:

    • Keine Hinterlüftung der Module
    • Einsatz von Isolierglas – Wärme wird schlechter abgeführt
    • Alle Systemkomponenten liegen im Warmbereich
    • Andere Modulanschlusstechnik notwendig

    Als Mindesthöhe werden 3 Stockwerke angesehen, wobei bei den Fensterbändern insbesondere die Betriebsdaten von 1. OG und 2. OG ermittelt werden müssen. Bei der geschlossenen Wand steht der Verlauf der Temperatur über die gesamte Höhe im Vordergrund. Aus den gemessenen und weiteren Daten sollen realistische Szenarien abgeleitet werden, auf deren Basis vorhandene Prüfverfahren bewertet werden und ggfs. ergänzt werden können.

  • Monitoring von PV-Fassaden

    Das Monitoring von PV-Fassaden stellt eine neue Herausforderung dar, denn eine PV-Fassade unterscheidet sich sowohl von additiven und PV-Freiflächenanlagen als auch von konventionellen Fassaden was die Sicherheitsanforderungen von Personen und Gebäuden betrifft. Welche Größen müssen erfasst werden und auf welcher Ebene? Welche Konsequenzen haben die Messergebnisse? Was passiert im Fehlerfall? Wie kann man den Fehlerfall durch Präventivmessungen verhindern? Braucht man Bussysteme für die BIPV? Welche normativen Anforderungen werden an ein PV-Fassaden-Monitoring-System bauseitig und PV-seitig gestellt?

    PV-Fassade nach Normen

    IEC 61557 oder IEC 61010 für Messgeräte oder die IEC 61724 und CEI 82-25 für PV-Monitoring können nicht unmittelbar auf den Betrieb von PV-Fassaden übertragen werden. Bei PV-Fassaden kommen häufig Sonderanfertigungen zum Einsatz, die im Schadensfall meist schwer zugänglich sind. In einer Fassade müssen deshalb möglicherweise weitere Messgrößen erfasst und bewertet werden. Es stellen sich Fragen nach Aufwand, Kosten, Installation, Lebensdauer, Datenhandling.

    Im Projekt soll das vollständige Endprodukt „PV-Fassade“ in seiner Umgebung untersucht und verstanden werden, um Kriterien für geeignete PV-Fassaden-Monitoring-Systeme festzulegen. Ziel ist es, hier die entsprechenden Anforderungen aufzustellen und frühzeitig normgestaltend aktiv zu werden.